Auf ein Wort

Photovoltaikanlagen mit Speicher für den Eigenbedarf

Ich nehme es vorweg: Wir stehen in Deutschland kurz vor der Bundestagswahl.In letzter Minute verkünden die Repräsentanten der im Bundestag vertretenen Parteien ihre Absichtserklärungen und gehen auf Stimmenfang. Dabei hatte der aufmerksame Wahlberechtigte in den letzten Jahren ausreichend Gelegenheit, die verschiedenen Fraktionen zu beobachten und speziell die an der Regierung Beteiligten nach ihrem tatsächlichen Handeln zu bewerten. Fühlen Sie sich vertreten?

Neben den alltäglichen Themen wie Flüchtlingsaufnahme, gerechte Verteilung des Bruttosozialproduktes oder Schadensbegrenzung der „Dieselaffäre“ gehört ein wichtiges Thema in die Regierungsdebatte: Ausnutzung der natürlichen (erneuerbaren) Ressourcen für die Energiegewinnung. Scheinbar kennt sich kaum ein Politiker mit der Materie aus: Braunkohle oder Steinkohle als Energieträger sollen zugunsten erneuerbarer Energieressourcen ebenso eingedämmt bzw. abgeschafft werden wie die Energiegewinnung aus Atomkraft! Seit einigen Jahren ist die Energiegewinnung aus Sonnen- oder Windkraft forciert worden, ebenso jene aus Vergärungsanlagen, die vorwiegend mit Mais „gefüttert“ werden, was mit der „Monokultur des Maisanbaus“ einhergeht. Jenen Zeitgenossen, die sich noch vor 5 oder mehr Jahren riesige Solarplatten auf ihre Dächer montieren ließen und den gewonnenen Strom ins Energienetz des örtlichen Betreibers einspeisten, wurden 50 Cent und mehr pro eingespeiste Kilowattstunde vergütet und für lange Zeitspannen garantiert. Dafür mussten die Stromkunden entsprechend mehr bezahlen, um den Verlust der örtlichen Energie-und oder Netzbetreiber auszugleichen. Der Finanzverwaltung war es egal, ob es sich die Steuern von den großen Energiefirmen holt oder von den privaten Stromlieferern, denn der Staat kann nicht auf Steuereinnahmen verzichten.
Wer sich jetzt aktuell auf private Stromerzeugung einlässt, kann nur noch 11 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde bekommen.

Der große Hammer kommt noch, was diesbezüglich die Steuerpolitik der deutschen Bundesregierung anbetrifft. Dazu wird in der Wahlpropaganda kein einziges Wort verloren. Es betrifft die Photovoltaikanlagen, die dazu geeignet sind, sowohl Strom ins Netz zu liefern als auch zum Eigenverbrauch zu erzeugen und einen Speicher für die Nachtstunden zu verwenden. Dies ist an sich eine gut durchdachte Ingenieursleistung und im Prinzip auch anwendbar. Der Unterzeichner steht auch jetzt zum Prinzip der Speicheranlagen mit Energie aus der Solartechnik. Allerdings gehört dazu der unabdingbare Wille, etwas Sinnvolles für die Zukunft der kommenden Generationen einzurichten, auch wenn die Besteuerung eines solchen Vorhabens einer Rendite im Wege steht. Krämerseelen, die „zukunftsträchtige Projekte“ lediglich unter dem Aspekt der Gewinnoptimierung in Angriff nehmen, seien gewarnt: das Bundesfinanzministerium unter Federführung des bekannten Finanzministers spielt hierbei nicht entsprechend mit:

Eine große Rolle jedoch spielen hierbei die Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit der Eheleute (steuerliche Gesamtveranlagung) bzw. des Einzelnen, denn sämtliche Einnahmen aus dem Gewinn einer Photovoltaikanlage werden dem Einkommen hinzugerechnet. Nicht nur die ins Netz gelieferten Stromerträge werden in Ansatz gebracht, sondern auch die gewonnenen Energiemengen zum Eigenverbrauch! Die Mehrwertsteuer für die Beschaffung der Anlage wird zwar erstattet, aber im Folgejahr dem Gesamteinnkommen hinzugerechnet. Betreiber, denen aus Renten oder Pensionen eine Steuerbegünstung zuteil wird, können infolge der Mehreinnahmen in eine sich nachteilig auswirkende Steuerprogression rutschen. Bei der Erstattung der Mehrwertsteuer als Kleinunternehmer (das sind Sie, wenn Sie eine solche Anlage betreiben), behält das Finanzamz im gegebenen Fall 1/3 ein.

Um sich ein Bild davon zu machen, wie widersinnig sich dieser Ansatz des geltenden Steuergesetzes darstellt, ein Beispiel:

Der Betreiber entrichtet beim Kauf einer entsprechenden Photovoltaikanlage eine Mehrwertsteuer in Höhe von 2.400.-€ (Beispiel). Er bekommt die Mehrwertsteuer als Kleinunternehmer vom Finanzamt erstattet, also sein eigenes Geld, das er bezahlt hat. Von dieser Rückerstattung muss er dem Finanzamt im Zuge der Gesamtveranlagung der Einkommenssteuer ggfls. 1/3 zurückzahlen.

Zugegeben: etwas verwirrend. Im Grunde könnte sich der Umweg über Mehrwertsteuer und Mehrwertsteuerrückerstattung wie folgt darstellen:

Der Käufer bezahlt 15.000.-€ für die Anlage, und das Finanzamt erhebt dafür eine Gebühr in Höhe von 800.-€. Das ist die Logik der Finanzbehörde, nur errechnet sie sich anders.

Ein anderes Rechenbeispiel: Der Betreiber erwirtschaftet jährlich aus gelieferter Strommenge an den Netzbetreiber 200.-€ bei 11 Cent pro Kilowattstunde. Seine selbst verbrauchte Strommenge ist je nach Verbrauch in etwa gleich hoch. Dafür muss er auch Steuern bezahlen, aber nicht für 11 Cent pro Kilowattstunde, sondern 23 Pfennig, den Preis, den er beim Stromanbieter zahlt. Da aber auch noch Strom aus dem Netz bezogen wird, weil die Anlage bei schlechtem Wetter nicht genügend Energie für den Eigenbedarf liefert (z.B. in den Wintermonaten) oder die Batterien nicht voll aufgeladen werden können, bezieht der Betreiber selbst Strom aus dem Netz zu 23 Cent, also für mehr als das Doppelte dessen , was er für seinen eigenen produzierten Strom bekommt.

Auszug aus dem Antwortschreiben meiner Anfrage an das Bundesministerium der Finanzen  vom 21.4.2015 Az: IV C6-S 2240/10001  DOK 2015/0249636:

„Abschreibungsbeträger, die auf den privat genutzten Teil der Photovoltaikanlage entfallen, sind als Kosten der privaten Lebensführungen gemäß § 12 Nr.1 EStG nicht abzugsfähig und werden über die Entnahme nach § 6 Absatz1 Nr. 4 EStG korrigiert. Eine gesetzliche Änderung kommt nicht in Betracht, da die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen.“

Ich fordere das Bundesfinanzministerium über die politisch wirksame Regierung auf, dieses zukunftsweisende Modell der Solar -Speicheranlagen mit Eigennutzung auf ein besseres Steuermodell zu stellen, damit privaten Initiativen zur Abschaffung von Energieanlagen aus fossilen Brennstoffen und Atommeilern mehr Unterstützung zukommt. Der Anreiz, einen Beschaffungszuschuss aus Mitteln der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) in Höhe von 3.200.-€ zu gewähren, reicht nicht aus zumal nach spätestens acht Jahren die  Ersatzbeschaffung der teuren Batterien (in der Regel vier  mit Bleigranulat befüllte Riesenbatterien) anfällt. Für die im Zuge der Erhaltung der Anlage (Abschreibung 20 Jahre) anfallenden Kosten für die Ersatzbatterien wird die Mehrwertssteuer zwar wieder rückerstattet, der Betrag allerdings erneut dem Einkommen des /der Betreiber zugerechnet. Bei der steuerlichen Gesamtveranlagung der Einkommen beider Eheleute -und seien diese aus Pensions- oder Renteneinkünften-kann dies wiederum dazu führen, dass die Gesamteinkünfte eine magische Grenze überschreiten, die zu einer höheren steuerlichen Belastung führen. Diese Situation entpuppt sich den Betroffenen im Einzelfall als persönliche „Milchmädchenrechnung“, welche eine Beschaffung einer solchen Anlage  (eine an sich positive Idee der Energiegewinnung) verleiden kann. Am wirtschaftlichsten erweist sich die Beschaffung einer Photovoltaikanlage mit Speichereinrichtung zur Eigennutzung für Alleinverdiener im Rentenstatus mit einem Einkommen unter 1000.-€, weil hierauf keine Steuern anfallen. Ein jährlicher Überschuss in Höhe von 2400.-€ infolge von Mehrwertssteuerrückerstattung oder Gutschrift aus Teilabschreibung erreicht nicht die magische Einkommensgrenze einer deutlichen Mehrbesteuerung im Vergleich zu Einkommen beispielsweise beider Eheleute (steuerliche Gesamtveranlagung), die über  einen Nettobetrag von  3000.-€ monatlich verfügen können. Im Übrigen sollte bei den Überlegungen die Hinzuziehung einer Steuerberatung eingeplant werden, deren Inanspruchnahme einen jährlichen Kostenaufwand von bis zu 320.-€ bedeutet. Nebenbei bemerkt: Kosten für Steuerberatung sind nicht absetzbar.

Andererseits müssen wir hier nicht die Überlegung diskutieren, welcher Rentner mit einem monatlichen Einkommen von unter 1000.-€ monatlich in der Lage ist, sich eine Photovoltaikanlage auf sein Eigenheim zu setzen, falls er überhaupt über ein solches verfügen kann. Aus der Summe der Überlegungen ergibt sich folgender Vorschlag an das Bundesministerium der Finazen über die Bundesregierung:

 

Es wird empfohlen, den produzierten Strom für den privaten Eigenbedarf (Haushalt) aus Photovoltaikanlagen mit Speichereinrichtung bis zu einem jährlichen Volumen von 2 Megawatt (2000 KW/h) steuerfrei zu behandeln. Ansonsten sehe ich dieses Projekt aus marktwirtschaftlicher Sicht ( Hersteller von Solarzellen,Batterien und Steuermodulen, Gleichrichtern pp., der Vertriebs- und Aufstellerunternehmen) einschließlich der gestellten Arbeitsplätze als stark gefährdet.

Mit freundlichen Grüßen!

Hartmut T. Reliwette

 

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Von Hartmut Tettweiler Reliwette

Hartmut T. Reliwette, geb. 1943 in Berlin Maler, Bildhauer, Performer, Autor. 70 Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen oder Performances im In- und Ausland realisiert. Zusammenarbeit mit Peter Coryllis, Joseph Beuys, Karl-Heinz Schreiber und anderen zeitgenössischen Kunstschaffenden und Autoren/Schriftstellern. Mehr über Reliwette siehe „Autoren-Info“.