Fluss der Zeit
Blättern durch alte Fotoalben. Wie waren die Eltern doch jung, damals, und all die anderen, Männer fast immer mit Krawatte und Frauen mit Frisuren und Kleidern einer vergangenen Zeit. Aber schlank waren sie alle – kein Wunder: der Krieg hatte erst vor kurzem geendet. Sie waren wie wir, sowohl Nachfahren wie Vorfahren, lebten zwischen Vergangenheit und Zukunft, lebten in diesem Augenblick des pulsierenden und pochenden Jetzt. Nichts, was sich noch in ihrem Leben ereignen würde, hatte sich ereignet und sie vergaßen, dass sie eines späteren Tages historisch sein würden, nachdem sie unsere Häuser gebaut und die Bäume gepflanzt hatten, deren Blätter wir noch heute im Herbst zusammenkehren. Immer neue Wellen warf das Meer der Zeit gegen die Felsen ihrer Tage, und im Sprühregen standen sie da – wie wir heute – und erinnerten sich an die Menschen, die vor ihnen lebten. Sie sind wie wir. Sie sind – wir. Wie sie werden wir verschwinden, werden zu legendären unwirklichen Gestalten für die, die nach uns kommen. Im Fluss der Zeit treiben wir dahin. Der jetzige Augenblick wird schmelzen wie eine Schneeflocke auf der Hand, die sich nicht an sie erinnern wird.